Chronik 90 Jahre 1893-1983

 

Wenn wir den Lebenslauf unseres Vereins anhand der vorhandenen Protokollbücher bis zur Gründung zurückverfolgen, müssen wir heute stolz und dankbar sein, was unsere Großväter und Väter in den 90 Jahren unseres Vereins-Bestehens geleistet haben.

 

Am 13. Mai 1893 haben 20 Einwohner aus den Ortteilen Bahnhof-Selb und Plößberg im Gasthaus Voit den Turnverein (DTV Deutscher Turnverein) gegründet. Schon damals gab es für die Anschaffung der erforderlichen Geräte finanzielle Probleme, die aber durch die Unterstützung einiger Mitglieder gelöst werden konnten. Durch eine rührige Vorstandschaft konnte sich der Verein innerhalb kurzer Zeit beachtlich entwickeln. Noch im Gründungsjahr wurde der Beitritt zum Arzberger – später Röslau-Egertal-Turngau – beschlossen, dem der Verein bis zum Jahre 1933 angehörte. Schon im Jahr 1898 wurde das erste Turnfest in Bahnhof-Selb ausgerichtet. Ein Höhepunkt im Verein war die Fahnenweihe am 1. und 2. Juli 1906, die unter der Patenschaft des Turnverein Selb (TS Selb) durchgeführt wurde. Als Fahnenpatin konnte Frl. Elsa Zeitler gewonnen werden.

 

Bis zum Jahr 1914 befand sich der Verein in stetem Aufbau. Der Kriegsausbruch hat das Vereinsleben stark beeinträchtigt. Aus dem Krieg kamen 18 Turnbrüder nicht mehr zurück.

 

In Verbindung mit dem Gauturnfest des Röslau-Egertal-Turngaues feierte der Verein 1923 sein 30-.jähriges Bestehen. Die folgenden Jahre waren der turnerischen Breitenarbeit gewidmet. Vorstandschaft und auch die Mitglieder hatten in dieser Zeit nur ein Ziel, eine eigene Turnstätte zu erwerben. Dieses Vorhaben konnte schon 930 zum teil verwirklicht werden. Von Herrn Thüring in Vielitz kaufte der Verein ein Grundstück von 14.000 m² zum Kaufpreis von RM 3.800,00. Gleichzeitig erfolgte am 04.07.1930 die erste Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht Selb.

 

Plößberger Geschäftsleute und Privatpersonen zeichneten damals Bausteine (Anteile), um den Sportplatz zu finanzieren. Auch die Firma Rosenthal hat durch Dir. Johne großzügig Unterstützung gewährt. Reinhold Baumgärtel muss hier noch als treibende Kraft erwähnt werden. Im Frühjahr 1933 wurde dieses Gelände umzäunt, sowie ein Unterkunfts- und Geräteraum erstellt. Der Kostenaufwand für diese Arbeiten belief sich auf RM 2.500,00, so dass für den Sportplatz ein Gesamtbetrag von RM 6.300,00 aufgebracht werden musste. Als 1. Vorsitzender fungierte damals Hans Schneider, 2. Vorsitzender war Richard Wunderlich und als Hauptkassier war Hans Hofmeister verantwortlich. Ab dem Jahre 1936 leitete Adolf Grieshammer als 1. Vorsitzender den Verein.

 

Die Einweihung fand 1933 in Verbindung mit dem 40-jährigen Jubiläum und dem 26. Gauturnfest statt. Dies war das letzte Gauturnfest des Röslau-Egertal-Turngaues. Durch die folgende Neueinteilung der Turnkreise wurde der Turnverein Bahnhof-Selb dem „Grenzland-Kreis Fränkische Ostmark“ zugeteilt. Im Olympia-Jahr 1936 durfte der Verein das erste Jugendtreffen der Gruppe Grenzland im Turnkreis Fränkische Ostmark ausrichten. An der Veranstaltung nahmen 350 Jugendliche teil.

 

Noch vor Ausbruch des 2. Weltkrieges im Jahre 1935 wurde eine Fußball-Abteilung gegründet. Während des Krieges kam der Spielbetrieb, wie überall in dieser Zeit, praktisch zum Erliegen.

 

Bei der Wiedergründung des Vereins nach dem 2. Weltkrieg haben viele Mitglieder aller vor 1933 bestehenden Vereine mitgeholfen. Wir sind der Meinung, dass wir in unsere Chronik auch diese Vereine mit einbeziehen sollten, denn in dieser Zeit gab es in Plößberg zwei Turnvereine, einen Fußballverein und einen Gesangverein. Noch vor dem 1. Weltkrieg im Jahre 1912 wurde der ATV Selb-Plößberg gegründet. Dieser Verein hatte sogar einen Gemischten Chor, den Herr Andrischok aus Schönwald leitete. Der Sportplatz war auf dem heutigen Turnerheim-Gelände. Sowohl der TV, als auch der ATV waren damals in erster Linie Turnvereine. Schon 1920 wurde die SpVgg Selb-Plößberg als erster Fußballverein gegründet. Die Namen der ersten Stunde: Rudi und Martin Sack, Georg Tröger, Adolf Kästner, Fritz Vogel, Adolf Hollering und Christian Wunderlich. Der Sportplatz dieses Vereins war an der heutigen Kreisstraße zwischen Selb-Plößberg und Siedlung Vielitz. Zur gleichen Zeit gab es den selbständigen „Gesangverein Bahnhof-Selb“, dessen Sängerlokal die Gastwirtschaft Voit war. Erster Chorleiter war Erhard Wölfel, seine Nachfolger waren Hermann Sack und Julius Höhn, der heute noch die Sängerabteilung unseres Vereins dirigiert.

 

Im Jahre 1927 wurde vom ATV unser heutiges Turnerheim erbaut. 1933 haben die Nationalsozialisten den ATV aufgelöst und enteignet.

 

Nach Ende des 2. Weltkrieges war es nicht einfach, den Verein wiederzugründen. Eine Lizenz der Amerikaner war dazu erforderlich. Adolf Bucka war es damals, der als Unbelasteter galt und die Lizenz erhielt. So konnte 1946 von den Mitgliedern der Vereine TV Bahnhof-Selb, ATV Selb-Plößberg, SpVgg Selb-Plößberg und dem Gesangverein Bahnhof-Selb die Turn-Sport- und Sängergemeinschaft Selb-Plößberg gegründet werden. Die Vorstandschaft setzte sich wie folgt zusammen:

 

1. Vorsitzender Hans Geyer, 2. Vorsitzender Christian Wunderlich , Hauptkassier Richard Künzel. Mit der neuen Namensgebung wollte man Abstand von de schrecklichen Kriegszeit gewinnen. Schon 1947 übernahm Karl Bodenschatz den 1. Vorsitz des Vereins. Laut Protokoll vom 17.08.1948 wurde die TSSG wider in Turnverein Bahnhof-Selb umbenannt. Für Plößberg begann eine große Fußballzeit. Namen wie Erich Pohl, Heinz Thoss, ernst Kirchhoff, Hans Veit und Prell „Stift“ prägten das Spielgeschehen. Mit etwas Glück hätte man fast die Meisterschaft in der Bezirksliga I geschafft.

 

Im September 1949 nahm die Sängerabteilung unter ihrem bewährten Chorleiter Julius Höhn die Singstunden wieder auf. Ein weiterer Meilenstein in der Vereinsgeschichte war der Kauf des ehemaligen Arbeiterturnheims am 01.07.1951 von der Gemeinde Plößberg zum Kaufpreis von DM 2.300,00. Mit einem Kostenaufwand von DM 17.000,00 wurde 1952 das Turnerheim durch Anbau eines Nebenraumes und der Küche vergrößert, sowie der Einbau einer Zentralheizung vorgenommen. Mit der Gründung einer Tischtennisabteilung im gleichen Jahr ist der Verein schon damals dem berechtigten Interesse der Jugend nachgekommen.

 

Durch die Änderung des Ortsnamen Bahnhof-Selb in Selb-Plößberg wurde 1954 auch der Vereinsname auf Turnverein Selb-Plößberg e. V. abgeändert.

 

Karl Bodenschatz, der sich große Verdienste um den Verein erworben hat, übergab den 1. Vorsitz im März 1957 an Gustav Opel. Für seine Verdienste um den Verein wurde Karl Bodenschatz zum Ehrenvorstand erklärt.

 

Die Sängerabteilung hatte in dieser Zeit ihren Höhepunkt. Die Pflege des deutschen Liedes wurde sogar durch einen Besuch über die deutsch-deutsche Grenze mit den Sängern in Bad Brambach / DDR praktiziert. Leider erhielten die Sangesbrüder aus Bad Brambach keine Genehmigung zum Gegenbesuch in Selb-Plößberg, so dass es bei dieser einzigen Begegnung blieb.

 

Hans Landgraf übernahm 1960 die Vereinsführung. In seiner Zeit wurden die Kinderturnstunden wieder eingeführt, an denen sich durchschnittlich 80 ( ! ) Kinder beteiligten. Von der Fußballabteilung ist zu berichten, dass diese 1961 den Aufstieg in die B-Klasse errungen hat.

 

Bei den Neuwahlen 1962 wurde Hans Landgraf von Erwin Müller als 1. Vorsitzender abgelöst, der den Verein bis 1964 leitete. Sein Nachfolger wurde Karl Prell.

 

Durch viel Eigenleistung hat der Verein 1967 vier Umkleidekabinen, eine Schiedsrichterkabine und einen Duschraum an das Turnerheim angebaut. Dies war auch ein Ansporn für die 1. Mannschaft, die sich in diesem Jahr den Meistertitel holte.

 

Für die TV-Verantwortlichen und die Mitglieder brachte das Jahr 1968 einen weiteren Höhepunkt. „75 Jahre TV Selb-Plößberg“. Dieses Jubiläum wurde eine ganze Woche vom 22. – 30.06.1968 gefeiert. Neben dem Festkommers, gab es das Sängertreffen der Kornberggruppe im DAS und ein Pokalturnier. Viele freiwillige Helfer haben dieses Fest zu einem Erfolg für den Verein werden lassen.

 

Die „Ära Prell“ ging 1970 zu Ende. Als Nachfolger wurde am 28.02.1970 Arno Veit zum 1. Vorsitzenden gewählt. Auch Karl Prell wurde wegen seiner Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt. In der Amtszeit von Arno Veit begannen die Planungen für den Sportplatzbau. In diese Zeit fiel auch die Gründung einer Damengymnastik- und Judo-Abteilung. Auch die Tischtennis-Abteilung nahm ihren Spielbetrieb wieder auf. Arno Veit hat 10 Jahre den Verein geführt. Ab 03.05.1980 übernahm Gerhard Thoma den Vorsitz. Sein Vorgänger Arno Veit wurde Ehrenvorsitzender. 1981 konnte endlich der Bau des Trainingsplatzes begonnen werden. Dies war die Voraussetzung, um den Hauptplatz vollkommen neu zu gestalten. Unter Einschaltung aller zuständigen Stellen und mit erheblichem finanziellem Aufwand konnte 1982 eine lange notwendige Renovierung des Hauptplatzes fertig gestellt werden.

 

An dieser Stelle wollen wir all denen danken, die uns finanziell unterstützt haben und die durch viele freiwillige Arbeitsstunden am Bau mit geholfen haben. Im Rahmen der Sportplatzerweiterung hat sich der Verein bereit erklärt, den 1. FC Türkisch Selb auf seinem Nebenplatz spielen zu lassen.

 

Auch wenn diese Chronik aus dem „Lebenslauf des Vereins“ etwas statistisch wirkt, so soll sie doch aufzeigen, welchen Entwicklungen eine Gemeinschaft unterliegt. In einem Zeitraum von 90 Jahren wechseln sich Höhen und Tiefen ab. Nur an den Menschen liegt es, das Eigenleben eines Vereins im positiven oder negativen Sinne zu beeinflussen. Es bedarf eines großen Engagements für die gemeinsame Sache. Wir sehen deshalb den Tag des „90-jährigen Jubiläums“ als weiteren Höhepunkt in der Geschichte unseres Vereins.

 

Mit etwas Stolz und Freude übernehmen wir in diesen Tagen die Verpflichtung, im Sinne der Gründer des Vereins weiter zu wirken für unseren Verein, den „Turnverein Selb-Plößberg e. V.“.

 

Worte des Dankes

 

Die Vorstandschaft des Turnvereins Selb-Plößberg e. V. dankt allen Verantwortlichen, allen Aktiven, allen Mitgliedern, allen Freunden und Gönnern des Vereins für ihre jahrelange Treue sowie ihren großen Idealismus. Ihre Arbeit und Opferbereitschaft verdienen unsere uneingeschränkte Anerkennung.

 

Wir bitten um Verständnis, dass in unserer Chronik nicht alle namentlich genannt werden können, die sich durch sportliche oder organisatorische Leistungen verdient gemacht haben.

 

Quelle: Festschrift 90 Jahre TV Selb-Plößberg e.V. 1893-1983